Bürgermeister im Neckartal machen sich stark für die neue Abflugroute

Auf Grundlage des nun vorliegenden unabhängigen Lärmgutachtens positionieren sich die Bürgermeister lärmbelasteter Kommunen im Neckartal gemeinsam für die neue Abflugroute und eine Entlastung der Bevölkerung.  

In der Debatte um die geplante neue Abflugroute beauftragte die Fluglärmkommission die ACCON GmbH mit der Erstellung eines unabhängigen Lärmgutachtens, welches am 07. März vorgestellt wurde. Nun werden die darin enthaltenen Untersuchungen der Lärmbelastung in verschiedenen Szenarien in den beteiligten Kommunen diskutiert, bevor die Fluglärmkommission im Frühsommer eine Empfehlung aussprechen wird. Die Deutsche Flugsicherung und das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung werden diese bei ihrer Entscheidung hinsichtlich der künftigen Abflugroute berücksichtigen, sind jedoch nicht daran gebunden. Ziel der neuen Abflugroute ist es, hoch verdichtete und damit stark lärmbelastete Räume zu umfliegen, negative Effekte wie Lärm und Emissionen zu reduzieren und Flugzeiten zu verkürzen.

Bei einem Pressetermin am 17. März in Plochingen waren mit den Bürgermeistern Hans-Georg Sigel aus Esslingen, Thomas Matrohs aus Deizisau, Martin Funk aus Altbach, Steffen Weigel aus Wendlingen sowie Verbandsbaudirektor Wolfgang Kissling aus Plochingen in Vertretung für Bürgermeister Frank Buß die von Fluglärm betroffenen Kommunen im Neckartal stark vertreten. Auch Wernau gehört zu den lärmbelasteten Kommunen, Bürgermeister Armin Elbl war jedoch terminlich verhindert. Dies tat der gemeinsamen Forderung nach TEDGO neu und einer damit einhergehenden Reduzierung der Lärmbelastung für die sich unmittelbar im Flugkorridor befindlichen Kommunen keinen Abbruch, denn das Neckartal positioniert sich hier geeint.

Rathauschef Matrohs schilderte anhand der Zahlen aus dem Lärmgutachten eindrücklich: die größten positiven Veränderungen würden in Esslingen, Wernau und Wendlingen erzielt, wo zwischen 21 und 51 Menschen deutlich entlastet würden, wohingegen die Belastung für rund 2 % (in Zahlen: 30) der Menschen in Neuhausen zunähme. Neu belastete Brennpunkte entstünden durch die Flugroute keine. „Das ist keine eigene Interpretation, sondern das Gutachten zeigt, dass in Summe mehr Menschen, vor allem Hochbelastete, eine deutliche Entlastung erfahren. Wir sind froh um jede Lärmpause,“ so Matrohs, dessen Gemeinde Deizisau neben Altbach unlängst in die Fluglärmkommission berufen wurde.

Wenngleich das Lärmgutachten keine tatsächliche Lärmmessung, sondern lediglich rechnerisch ermittelte Werte im Betrachtungszeitraum von 6 bis 22 Uhr beinhaltet und darüber hinaus insbesondere durch Postflüge in der Nacht verursachter Lärm nicht berücksichtigt wird, so werden bereits jetzt mit 100 % TEDGO neu Entlastungen im drei- und vierstelligen Bereich prognostiziert: Altbach bis zu 358 dB, Deizisau bis zu -1504 dB, Esslingen bis zu -931 dB, Plochingen bis zu -333 dB, Wendlingen bis zu -9663 dB und Wernau bis zu -2978 dB. „Wenn es etwas wie Gerechtigkeit gäbe, so würde TEDGO für eine gerechtere Lärmverteilung sorgen,“ bewertete Matrohs die Untersuchungen. 

Rückenwind erhielt er von Amtskollege Sigel aus Esslingen: „Ziel der Fluglärmkommission und aller Beteiligten ist es, die Region zu entlasten und die Situation zu optimieren.“ Sein Dank galt daher auch Ostfilderns Oberbürgermeister und Vorsitzender der Kommission, Christof Bolay, der „den Prozess sachlich und transparent führt und alle Beteiligten mitnimmt“. Sigel hoffte auf den Probebetrieb für die neue Flugroute.Bürgermeister Funk appellierte daran, der erhitzten Debatte etwas Positives abzugewinnen: so rücke „das Thema Fluglärm wieder mehr in den Mittelpunkt und unsere Betroffenheit wird sichtbar“. Dass Altbach und Deizisau einen Platz in der Fluglärmkommission zugesprochen wurde, begrüßte man derweil auch in Plochingen, wo rund 13,1 % der Gesamtbevölkerung in hohem Maße lärmbelastet sind. Mit der B10, der 313 und dem Schienenverkehr kommen weitere Lärmquellen hinzu. Verbandsbaudirektor Kissling befürwortete die Vertretung Plochingens und des GVV in der Kommission durch die Nachbarkommunen, um gemeinsam die Fortschritte der Flugtechnik zur Entlastung der Bevölkerung zu nutzen. „Die Kommunen im GVV - Altbach, Deizisau und Plochingen - kämpfen seit Jahren um einen Platz in der Fluglärmkommission, der mehrfach abgelehnt wurde. Nun haben zwei Verbandsgemeinden einen Sitz und können die gemeinsamen Interessen besser vertreten. Dies ist ein gemeinsamer Erfolg,“ fügte Bürgermeister Buß in einem schriftlichen Statement hinzu. 

Wendlingen zählt zwar nicht zu den am stärksten betroffenen Kommunen, würde aber eine der stärksten Entlastung verzeichnen. Doch auch darüber hinaus, so Bürgermeister Weigel, sei man es „den Menschen in unseren Kommunen schuldig“, öffentlich Stellung zur Lärmthematik zu beziehen. „Vor 10 Jahren kamen mehr Rückmeldungen aus der Bevölkerung, doch die Menschen haben sich damit abgefunden. Eine solche Zweiklassengesellschaft darf hier aber nicht entstehen und wenn es eine Möglichkeit gibt, die Region in Summe zu entlasten, sollte man diese nutzen.“ 

In einem starken gemeinsamen Schulterschluss blicken die Bürgermeister im Neckartal nun auf die nächsten Schritte: die theoretisch berechnete Route soll nun in einem Simulator getestet werden und als Grundlage für die Empfehlung der Fluglärmkommission dienen. „Wir hoffen, dass der Probebetrieb von der Fluglärmkommission anerkannt und dadurch auch wieder ein sachlicher Austausch aller Kommunen ermöglicht wird.“

Bürgermeister Matrohs (2.v.r.) demonstriert seinen Amtskollegen Sigel, Funk, Weigel und Verbandsbaudirektor Kissling (v.l.n.r.) die neue Abflugroute. Im Hintergrund das Alte Plochinger Rathaus, die Stadtbibliothek und die Ottilienkapelle.
Bürgermeister Matrohs (2.v.r.) demonstriert seinen Amtskollegen Sigel, Funk, Weigel und Verbandsbaudirektor Kissling (v.l.n.r.) die neue Abflugroute.